In diesem Jahr feiert Lego seinen 60. Geburtstag. Das Wachstum hat sich verlangsamt. Aber die Krise, in der das Unternehmen Anfang des Jahrtausends steckte, ist überwunden. Mit seinen Milliardenumsätzen ist der Lieferant von Systemspielzeug die wertvollste Toys-Marke der Welt. Da stören ein paar Nachahmer kaum.
Es gibt wohl kaum ein Kind, das Lego nicht kennt. Die kleinen bunten Plastiksteinchen mit ihren markanten Noppen auf der Oberseite und den damit korrespondierenden Röhrchen auf der Unterseite stellen die Basisausstattung einer jeden Spielkiste im Kinderzimmer dar. Kaum zu glauben, dass sich die inneren Werte dieser aus Spritzguss hergestellten Bausteine seit ihrer Auferstehung im Jahr 1958 so wenig gewandelt haben, dass zwei Lego-Steine, die im Abstand von 60 Jahren hergestellt wurden, miteinander kompatibel sind. Für die Produktion von Lego-Elementen werden Formen verwendet, die eine Genauigkeit von vier µm beziehungsweise 0,004 Millimeter aufweisen. Das entspricht nicht einmal der Breite eines Haares und sorgt für die Stabilität der damit herstellbaren kleinen und großen Bauwerke. Und das mit der Größe wird nicht nur im Legoland immer wieder eindrücklich demonstriert.
So starr auch diese Jahrzehnte währende Beibehaltung der inneren Werte anmuten könnte, so lebendig erinnert doch jeder, der in seinem Leben, zumindest für eine gewisse Zeit, den Steckelementen verfallen war, dass ihnen keine Grenzen gesetzt sind, um die fantasievollsten Spielwelten zu erbauen. Auch dem Unternehmen scheinen die Ideen nicht auszugehen, da es Jahr für Jahr immer neue Themenwelten entwickelt. Und auch rein rechnerisch macht die Vielfalt der Möglichkeiten schwindlig. So können sechs „2 x 4“-Lego-Steine auf mehr als 915 Millionen Arten miteinander kombiniert werden.
Dabei sah es Anfang der 2000er-Jahre alles andere als rosig aus. Das Unternehmen, das damals rund 1,5 Milliarden Euro Umsatz machte, hatte ein rasantes Wachstum hinter sich, setzte aber zu stark auf Lizenzen. Zudem hatte es den Einsteigerbausteinen Lego Duplo den Rücken gekehrt und sie in Lego Explore umbenannt. Nur einer der Fehler, die viele Marktanteile kosteten. Der Verlust summierte sich 2003 auf knapp 180 Millionen Euro.
Doch das Unternehmen steuerte unter der Leitung vom Lego-Eigner Kjeld Kirk Kristiansen, dem Enkel des Firmengründers Godtfred Kirk Christiansen, um. „Zurück zu den Basics“, hieß es damals. Und heute gibt es wieder Lego Duplo, zudem stylishe Lego-Stores mit Bausteinen zum Abwiegen, aber auch die Mega-Lizenzwelten, für deren erfolgreiche Multi-Monetarisierung das Unternehmen offenbar eine bessere Marketingformel gefunden hat als 15 Jahre zuvor. Selbst die Vielfalt der Steine soll reduziert worden sein, was der geneigte Beobachter der Spielzeugwelt wie auch der erprobte Vater kaum glauben will. Einer Quelle im Internet zufolge wurden in 2013 rund 78.000 verschiedene Bauteile bei 96 Farben gezählt. Heute sollen es nach Unternehmensangaben gut 3.700 Lego-Elemente sein, also Bausteine und andere Elemente, die in gut 60 Farben produziert werden.
Nachbarn im Legoland
Wer so variantenreich produziert und unzählige Länder auf nahezu allen Kontinenten beliefert, der kann dabei schon eines der Grundbedürfnisse aus den Augen verlieren: Manchmal wünscht man sich nur einen großen Kasten mit einfachen Lego-Steinen in einer Farbe und in maximal fünf verschiedenen Noppenausführungen. Wer diese nicht als kostspielige Kiloware im Lego-Store kaufen will, der wird beim Original selbst nicht so recht fündig. Dafür gibt es aber zahlreiche Drittanbieter, die nach dem Auslaufen des 1949 unter dem Namen „Automatic Binding Bricks“ gewährten Patents allerdings erst noch knapp 15 Jahre lang darauf warten mussten, bis 2010 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) endgültig entschieden wurde, dass der 1996 als europäische Gemeinschaftsmarke eingereichte Lego-Stein nicht unter den Markenschutz falle.
Nachahmern bot das Unternehmen bis dahin mit bis zu 200 parallel laufenden Patentstreitigkeiten die Stirn. Doch das Gericht entschied, dass sich die Form der Lego-Steine aus ihrer technischen Funktion ergeben habe und nicht zur optischen Abgrenzung von anderen Bausteinen diene. Damit kann sich Lego nicht mehr rechtlich gegen die Konkurrenz durch vergleichbare Bausteine anderer Hersteller wehren.
Dem Erfolg des Unternehmens hat das aber keinen Abbruch getan. Lag der Umsatz 2010 bei rund 2,15 Milliarden Euro, stieg er bis 2016 auf 5,09 Milliarden Euro an. Inzwischen hat sich an den Rändern der Welt des ikonischen Lego-Bausteins ein lebendiges Biotop angesiedelt. Sicher, es gibt auch einfach nur – sowohl im Hinblick auf den Preis als auch die Qualität – billige Nachahmer, die sich in den Regalen großer Supermarktketten wie Kaufland finden lassen. Doch gibt es auch zahlreiche Lego-Lizenzprodukte, die das Original arrondieren, und Anbieter, die die Welt mit Lego auf eigene Weise verschönern – und die Marke damit eigentlich nur noch weiter stärken.