Der Kauf eines Autositzes für Kinder gehört – neben den Anschaffungen von Kinderwagen oder der Auswahl der passenden Möbel für das einzurichtende Kinderzimmer – zu den beratungsintensivsten Anschaffungen, wenn die Geburt des Nachwuchses ansteht.
Als erstes stehen Auswahl und Kauf einer Babyschale für die ganz Kleinen an. Später werden für das größer werdende Kind bis zum Alter von zwölf Jahren beziehungsweise bis sie größer als 1,50 Meter sind die Anschaffung größerer Sitze mit einer entsprechende Rückhaltefunktion an.
Es gibt zwar auch Sitze, die eine Nutzung in allen Lebensphasen versprechen. Diese sind zum Beispiel in den USA der Standard. Doch hierzulande werden in der Regel erst eine Babyschale und dann ein Kindersitz für größere Kinde gekauft. Experten, die solche Sitze entwickeln, müssen für einen All-in-One-Sitz allerdings mehr Kompromisse eingehen als bei Sitzen, die optimal auf die jeweiligen Entwicklungsphase abgestimmt sind.
Für die zahlreichen Fragen, die sich rund um den Autokauf ergeben, haben wir Ihnen zehn Tipps zusammengestellt:
Tipp 1: Reboarder – rückwärtsgerichtetes Fahren
Zu diesem Punkt sind sich – nach einer jahrelangen Diskussion – alle Experten einig: kleiner Ein Säugling ist auf jeden Fall entgegen der Fahrtrichtung transportiert werden, da somit Organe, Wirbelsäule und Kopf bei einem Unfall den Kräften nicht direkt ausgesetzt und somit besser geschützt werden. Alle neuen Modelle auf dem Markt für die ersten 15 Lebensmonate sind Reboarder ausgelegt. Auch wenn noch ältere, vorwärtsgerichtete Modelle erhältlich sind, sollte man diese in jedem Fall aus der engeren Auswahl ausschließen.
Tipp 2: i-Size ist der neue Standard
Schon 2013 wurde die Norm “ECE R 129” verabschiedet, die sich mit neuen Richtlinien zur Autositzsicherheit beschäftigt. Nach und nach wird sie die bisherige Norm “ECE R 44” ersetzen. Heute dürfen neue Kindersitze nur noch nach der neueren Norm zugelassen werden, wobei nach der alten Norm eingeführte Sitze noch immer produziert werden können.
Vor allem im Bereich des Seitenaufprallschutzes überzeugt R 129, denn: Viele Autounfälle sind seitliche Aufpralle. Früher wurde diese Unfallsituation bei der Kindersitzsicherheit nicht im Rahmen der Zulassungen getestet, sodass eine seitliche Sicherung von Kopf und Körper nicht immer ausreichend Eingang gefunden hat.
Betrachtet man die erste Sitzgruppe, also Babyschalen für Säuglinge, spricht man bei R-129-konformen Modelle auch von “i-Size”-Sitzen. Lassen Sie sich die einzelnen Merkmale am besten vom Fachhändler vor Ort erklären. Doch eines ist klar: R 129 ist die stärkere Norm.
Tipp 3: Auto & Autositz
Bevor man sich mit der Auswahl eines Kindersitzmodells beschäftigt, sollte man kurz einmal schauen, was das eigene Auto zulässt und welche Anforderungen es mit sich bringt. Lesen Sie in der Betriebsanleitung nach, ob Ihr Auto über Isofix-Sicherungspunkte verfügt, durch die Autokindersitze direkt mit der Karosserie verbunden werden. Bei Neuwagen ist das Vorhandensein eines Isofix-Bügels mittlerweile Standard.
Sie haben nur einen Dreitürer? Vielleicht lohnt sich ein Autositzmodell mit 360-Grad-Drehfunktion, um das Kind besser platzieren und anschnallen zu können. Haben Sie vielleicht schon Kinder oder erwarten Mehrlinge? Dann sollte in der Betriebsanleitung die Breite der Rückbank heraussuchen und prüfen, ob sich mehrere Sitze das favorisierten Modells nebeneinander passgerecht einbauen lassen. “i-Size”-Modelle unterliegen einer maximalen Breite, sodass der Theorie nach drei Sitze nebeneinander passen.
Doch ganz generell gilt: Bauen Sie die Sitze am besten einmal zur Probe in Are Auto ein. Ihr Fachhändler vor Ort hilft dabei gern. So können Sie sich den Einbau nicht nur vom geschulten Fachpersonal genau erklären lassen, sondern sehen auch, ob der Sitz wirklich in den PKW passt.
Tipp 4: Booster-Sitze
Wenn man von der Anschaffung eines Autokindersitzes spricht, geht es meistens um eine Babyschale. Doch auch beim Kauf einer Rückhaltevorrichtung für größere Kinder gilt es, einige Punkte zu beachten.
So sollten etwa auf Booster-Sitze ohne Rückenlehne, also reine Sitzerhöhungen, wie man sie beispielsweise in diversen Discountern kaufen kann, möglichst verzichtet werden. Diese Modelle sorgen lediglich für die erhöhte Sitzposition, bieten ansonsten aber keinerlei weiteren Schutz im Falle eines Unfalls, den ein Kind unter 1,50 Meter Körpergröße eigentlich noch bräuchte.
Daher sollte auch bei Folgesitzen ein Modell mit Rückenlehne und Seitenaufprallschutzelementen gewählt werden. Diese Sitze sind meist auch preislich nicht mehr so teuer wie die Babyschale und sindmitmachsend ausgelegt, sodass man den Sitz bis zum Ende der Kindersitzzeit bei einer Körpergröße von etwa 1,50 Metern nutzen kann.
Tipp 5: Hosenträgergurte oder Fangkörper?
Bei Kleinkindsitzen gibt es generell zwei Arten, mit denen die Kinder im Sitz gehalten werden: Man wählt zwischen den weiter verbreiteten Hosenträgergurten oder Fangkörpern. Es gibt für beide Arten positive sowie negative Argumente.
Fangkörper erbringen ihren Vorteil erst dann, wenn das Kind nicht länger entgegen der Fahrtrichtung transportiert wird, während bei Reboardern eigentlich immer Hosenträgergurte zum Einsatz kommen. Das Polster des Fangkörper sorgt dafür, dass Kinder bei einem Unfall die einwirkenden Kräfte besser abrollen können und auch in Crashtests schneiden Fangkörper zumeist am besten ab.
Auch eine Gurtsicherung ist bestens für den sicheren Transport geeignet, allerdings müssen sich Eltern immer bewusst sein, dass die Gurte eng am Körper anliegen müssen, um ihre Wirkung zu entfalten. Dicke Winterjacken oder Schneeanzüge sollten im Auto also immer ausgezogen werden.
Wer dem Kind mit nur locker ansitzenden Gurten zum Beispiel an warmen Tagen meint, etwas Gutes zur Tun, irrt sicherheitstechnisch. Nicht ausreichend eng anliegende Gurte gehörten zu den häufigsten Fehlbedienungen von Kindersitzen und tragen dazu bei, dass im Falle eines Unfalls die Schutzwirkung nicht unmittelbar ausgeübt wird. In der Folge können schwere Verletzungen auftreten.
Tipp 6: Der Faktor Preis
Die Babyerstausstattung läppert sich und Eltern sehen sich mit allerhand Kosten konfrontiert. Die Hauptausgaben neben der Babyzimmereinrichtung entfallen meist auf Kinderwagen und Autokindersitz.
Doch es gibt auch gute Modelle, die für etwa 100 Euro erhältlich sind. Hier helfen Testurteile von ADAC und Co., um einzuschätzen, ob ein günstiger Sitz auch im Unfall gut abschneidet.
Worauf aber grundsätzlich verzichtet werden sollte sind gebrauchte Autokindersitze! Sind diese bereits älter könnte es sein, dass sie nicht den neusten Normen und Anforderungen entsprechen. Im schlimmsten Fall war der Sitz sogar bereits in einen Unfall verwickelt. Denn wenn er auch keine sichtbaren Spuren aufweist kann der Sitz nach einer starken Erschütterung Risse im Material aufweisen, die ihn bei einem weiteren Unfall unsicher machen. Also: Preise vergleichen: ja. Gebraucht kaufen: nur bei sehr verlässlicher Quelle.
Tipp 7: Transportabilität
Sie haben mehrere Autos? Oder Opa und Oma verbringen viel Zeit mit den Kleinen und sollten den Sitz daher auch nutzen können? Dann ist das Gewicht, die Größe und die Handhabung beim Einbau des Sitzes für Sie wahrscheinlich sehr wichtig. Denn eine Babyschale samt Unterbau kann schonmal sehr schwer werden – und leichte Sitzerhöhungen aus Styropor, allerdings ohne zusätzliche Seiten- und Kopfprotektoren, sollten keine Alternative sein.
Es gibt mittlerweile neue Konzepte, mit denen die Umsetzbarkeit eines Sitzes erleichtert werden. So gibt es modulare Sitze, bei denen die Trageeinheit aus der Basis herausgenommen werden kann und somit nur ein sehr geringes Gewicht hat. Welche Variante am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt, findet man am besten durch Hochheben, Ausprobieren und Einbauen der Sitze im eignen Auto heraus.
Tipp 8: Testergebnisse als Auswahlhilfe
Zwar sollte man seine Entscheidung für oder gegen einen Sitz nicht allein von dessen Testergebnissen abhängig machen, da Jahr für Jahr immer wieder neue Sitze hinzukommen und es eine Vielzahl positiv getesteter Sitze gibt. Doch eine genaue und wissenschaftlich-fundierte Einschätzung kann hilfreich sein, um sich ein Urteil über die Sitze und ihre Vor- und Nachteile zu bilden.
Doch Augen auf: Test ist nicht gleich Test! Einige Marken werben mit zahlreichen Logos, Urteilen und Noten, doch nicht jedes Portal und jeder Blog ist vertrauenswürdig und gibt wissenschafliche Ergebnisse wieder.
Eine gute Quelle ist etwa der ADAC – in Österreich der ÖAMTC und in der Schweiz der TCS) – der auf transparente Weise seine Testkriterien und -prinzipien darlegt und auf eigener Crashtest-Anlage zweimal jährlich neue Sitze testet und bewertet.
Alle drei Organisationen arbeiten dabei übrigens zusammen. Das heißt: Wenn ein Modell mit den Testurteilen aller drei Organisationen aus dem gleichen Zeitraum wirbt – plus gegebenenfalls noch mit dem der Stiftung Warentest –, dann handelt es sich um den gleichen zugrunde liegenden Test – und nicht um vier unabhängige Qualitätsurteile!
Tipp 9: Praktische Features
Sicherheit und Handhabung sollten die zentralen Aspekte bei der Auswahl des Sitzes sein. Hat man sich hierauf geeinigt, gibt es aber noch einige praktische Features und Gadgets rund um den Sitz, welche praktisch sein können – aber kein Muss sind.
Dazu gehören etwa drehbare Sitze, die mit Drehfunktionen bis zu 360-Grad werben. Das erleichtert das Hereinsetzen und Anschnallen des Kindes, schont den Rücken und hilft dabei, dass Fehler beim Anschnallen leichter vermieden werden können.
Auch wird der Kindersitz immer smarter: Intelligente Sitzeinlagen oder Sensoren können auf der passenden App einiger Anbieter bereits Alarm geben, wenn die Temperatur im Kindersitz zu hoch ist oder es wird ein Signal abgesetzt, wenn das Kind im Auto vergessen wurde. (Nicht nur) Bei heißen sommerlichen Temperaturen kann das im schlimmsten Fall tödlich enden.
Es gibt auf jeden Fall eine Menge spannender Besonderheiten bei Anbietern, Marken und Modellen, die man ins Auge fassen kann!
Tipp 10: Der erste Eindruck …
… sagt meist bereits einiges über die letztendliche Kaufentscheidung aus. Lassen Sie sich von der großen Auswahl und den technischen Details nicht überrumpeln.
In Deutschland setzt die namhaften Markenhersteller sehr hohe Maßstäbe bei der Autositzsicherheit und die ADAC-Tests bestätigen immer wieder, dass fast alle Modelle ausreichend guten Schutz für das Kind bieten.
Beratungsgespräche mit dem Fachhändler Ihres Vertrauens oder der Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern – sicherheitstechnisch natürlich in Grenzen – können bei der Wahl helfen.